Jüdisches Lexikon

WÖRTERBUCH DES

JÜDISCHEN RECHTS
 
 Neudruck 1980 der im "Jüdischen Lexikon" (1927-1930)
erschienenen Beiträge zum jüdischen Recht
 
 MARCUS COHN

 

POLYGAMIE

(Vielweiberei). Ein entsprechender Ausdruck fehlt im Hebräischen, weil die P. in Israel wie überhaupt im Orient zunächst selbstverständlich war.  Die Bibel kennt sie auch für die vorsintflutliche Zeit; Noa und seine drei Söhne werden jedoch als monogam in die Arche eingeführt.  Auch zur Zeit der Patriarchen (Jakob) ist die P. noch nicht beseitigt, wenngleich die Monogamie damals als normaler Ehebund vorherrscht.  Moses, Ahron und andere Führer des j. Volkes haben nur eine Frau. Die israel. Könige nahmen - offenbar nach fremdem Vorbild - die P. für sich als Vorrecht in Anspruch. Salomo besaß einen großen Harem. Nach der talmud. Auffassung durfte ein König 18 Frauen haben.  Der Talmud setzt die P. in vielen Gesetzesbestimmungen (vgl. Art. Leviratsehe) voraus. Erst Gerschom ben Juda (gest. 1028 oder 1040) hat sie verboten.  Seither wird von den aschkenasischen Juden eine polygame Ehe nur in Ausnahmefällen bei entsprechender Zustimmung von 100 Rabbinen eingegangen. Die sefardischen Juden behielten das alte Recht weiter bei; die P. ist bei ihnen auch heute noch rechtlich zugelassen.